Am gestrigen Mittwoch tagte die Rostocker Bürgerschaft zum letzten Mal vor der diesjährigen Sommerpause. Schon im Vorfeld war angesichts der besonders umfangreichen Tagesordnung spekuliert worden, ob ein zweiter Sitzungstag nötig sein würde. Letztlich konnte die Sitzung aber an einem Tag abgeschlossen werden, wenn auch mit einem straffen Zeitplan und intensiven Debatten. Im Mittelpunkt standen dabei drei Hauptanträge unserer Fraktion. Daneben wurde über eine Vielzahl weiterer Themen diskutiert, darunter die Bewerbung Rostocks als Segel-Außenstandort im Rahmen einer möglichen deutschen Olympiabewerbung sowie der zukünftige Umgang mit der Societät in der August-Bebel-Straße.


Ein zentraler Punkt war aber unser Antrag zur Aufnahme des Stadtelternrates Rostock als stimmberechtigtes Mitglied in den Kommunalen Präventionsrat. Dass der Stadtelternrat, der die gewählte Interessenvertretung zehntausender Rostocker Eltern darstellt, bisher keine Stimme in einem Gremium hat, in dem über Themen beraten wird, die direkt das Leben von Kindern, Jugendlichen und Familien betreffen, ist für uns ein erheblicher Missstand. Deshalb fordern wir mit Nachdruck, dass die Geschäftsordnung des Kommunalen Präventionsrates geändert wird. Der Stadtelternrat soll nicht länger nur „mitgehört“, sondern als stimmberechtigtes, ständiges Mitglied auf Augenhöhe eingebunden werden.
Es geht hierbei keineswegs um Symbolpolitik. Es geht um echte Mitbestimmung. Während das Staatliche Schulamt und das Schulverwaltungsamt im Präventionsrat vertreten sind, bleibt den Eltern eine Stimme verwehrt. Das widerspricht nicht nur dem Geist des Grundgesetzes und der Landesverfassung, sondern steht auch im direkten Widerspruch zum Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Die Beteiligung der Eltern ist dort ausdrücklich als Verpflichtung festgehalten, nicht als freundlicher Hinweis.


Nach intensiver Debatte wurde unser Antrag jedoch nicht abschließend behandelt. Ein Vertagungsantrag des Rostocker Bundes fand zum Ende hin eine Mehrheit. Die Diskussion wird somit in der September-Sitzung fortgesetzt.


Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Tagesordnung war unser gemeinsamer Antrag mit der SPD-Fraktion zur dauerhaften Einrichtung und Stärkung des Brandschutzbeirates. Hintergrund ist die im vergangenen Jahr geänderte Hauptsatzung, die einen neuen Bürgerservice-Ausschuss mit Zuständigkeit für den Brandschutz geschaffen hat. Es bestehen jedoch Zweifel, ob die gesetzlichen Anforderungen des Landes dabei vollständig erfüllt sind. Die Landesvorgaben sehen vor, dass das Amt für Brandschutz bzw. die Wehrführung dem zuständigen Ausschuss angehören soll, wobei ihr Sitz nicht in die parteipolitische Sitzverteilung einfließt. Dieser Aspekt ist bislang nicht umgesetzt.

Daher haben wir gemeinsam mit der SPD beantragt, den Brandschutzbeirat als festen Unterausschuss des Bürgerservice-Ausschusses zu etablieren. Der Antrag wurde mehrheitlich
angenommen. Wir freuen uns, dass die Bürgerschaft damit ein deutliches Signal für eine gesetzeskonforme und strukturierte Beteiligung aller relevanten Akteure im Bereich Brandschutz gesetzt hat.
Ein drittes Thema, das bereits im Vorfeld für große öffentliche Aufmerksamkeit sorgte, war unser gemeinsamer Antrag mit den Fraktionen FDP/Unabhängige und Die Linke. Dabei geht es um die Prüfung eines möglichen Grundstückserwerbs durch die WIRO im Seebad Diedrichshagen. Die Oberbürgermeisterin wird beauftragt, der WIRO ein Verhandlungsmandat mit den Eigentümern des rund 35 Hektar großen Areals zu erteilen. Ziel ist es, die Bedingungen für einen möglichen Erwerb zu eruieren und ggf. zu verhandeln.


Unser Fraktionsmitglied Kenny Grafenhorst brachte in der Debatte die Essenz des Anliegens treffend auf den Punkt: „Wir bringen hier einen Antrag ein, der nichts anderes fordert als eine sachliche Prüfung eines möglichen Grundstückserwerbs. Es geht nicht um einen Bebauungsplan, nicht um Bauvorhaben – sondern ausschließlich um ein Verhandlungsmandat.“ Gerade weil solch große Flächen in der Stadt nicht beliebig zur Verfügung stehen, geht es uns darum, frühzeitig Handlungsspielräume zu sichern. Wir wollen verhindern, dass langfristig unter Ausschluss der Öffentlichkeit Entscheidungen getroffen werden, über die wir als Bürgerschaft nicht mehr mitbestimmen können.
Nach einer gut einstündigen, zum Teil emotionalen Debatte stimmte die Bürgerschaft für den Antrag. Damit ist klargestellt: Es besteht jetzt ein Auftrag an die Oberbürgermeisterin, der WIRO ein Mandat für Gespräche zu erteilen. Ein Auftrag zur Bebauung ist damit ausdrücklich nicht verbunden.


Weitere Themen auf der Tagesordnung (Auswahl):
 Bewerbung als Olympischer Außenstandort: Die Bürgerschaft sprach sich mit großer Mehrheit für eine Bewerbung Rostocks als Segel-Außenstandort im Falle einer deutschen Bewerbung für die Olympischen Spiele 2036, 2040 oder 2044 aus. Die Zustimmung erfolgte ohne Gegenstimmen bei sieben Enthaltungen. Ein Antrag der SPD zur Durchführung eines begleitenden Bürgerentscheids wurde im Vorfeld deutlich abgelehnt.
 Zukunft der Societät Rostock maritim: Das Gebäude in der August-Bebel-Straße, das bislang als Schifffahrtsmuseum genutzt wird, weist bekanntermaßen gravierende bauliche Mängel auf. Es muss zum Jahresende geschlossen werden. Die Bürgerschaft beauftragte die Oberbürgermeisterin, gemeinsam mit dem Amt für Kultur, Denkmalpflege und Museen ein Konzept zur zukünftigen Nutzung des Gebäudes zu entwickeln. Zwei Änderungsanträge unserer Fraktion wurden ebenfalls beschlossen: Zum einen soll die Stadt alternative Räumlichkeiten für die dort ansässigen Vereine suchen und anbieten. Zum anderen wurde die Verwaltung beauftragt, gemeinsam mit dem Vereinsvorsitzenden Jochen Pfeiffer ein Konzept für einen möglichen Erwerb des Gebäudes durch den Verein zu erarbeiten.

Haushaltssperre: Wie bereits in anderen Kommunen, so greift nun auch in Rostock eine Haushaltssperre. Die Oberbürgermeisterin verkündete die Maßnahme am Abend der Sitzung. Demnach dürfen nur noch verpflichtende und vertraglich gebundene Ausgaben getätigt werden. Freiwillige Leistungen bleiben auf dem aktuellen Stand eingefroren. Die städtischen Investitionsprojekte sind von der Sperre nicht betroffen und sollen wie geplant fortgeführt werden.
Nach einer intensiven und themenreichen Sitzung verabschiedet sich die Bürgerschaft nun in eine kurze Sommerpause. Die nächste Sitzung findet am 17. September 2025 statt.
Sollten Sie Fragen, Anregungen oder Gesprächsbedarf zu den behandelten Themen haben, steht Ihnen unser Fraktionsbüro jederzeit gern zur Verfügung. Wir wünschen Ihnen einen erholsamen Sommer!


Chris Günther
Fraktionsvorsitzende


PS: Den Mitschnitt der Bürgerschaftssitzung finden Sie unter folgendem Link:
https://www.youtube.com/watch?v=GwbD_f7R-gY